Wenn ich mich mit meinem Freund auf unserer Memory Lane treffe, dann haben
Flüge und Reisen einen eigenen Reiz. Fliegen war etwas Besonderes, ein
Erlebnis. Zugegeben, wir waren privilegiert, später. Okay, heute hat jeder
Sozialhilfeempfänger und jeder Rentner Anspruch auf Urlaub – mit dem Flieger in
die Sonne. Demokratisierung nenne ich das.
Inzwischen ist die Fliegerei für mich eine Strapaze.
Wenn ich mit 500 anderen Passagieren im A380 nach Südafrika
fliege, dann wird diese Reise zur Qual. Für 600 € (Return Ticket) sitze ich auf
abgespeckten harten Sitzen in der sogenannten Bretterklasse. Ja, die Sitze sind
bretterhart.
Schon die Anreise ist so getaktet, dass daraus eine Hetzerei
wird. Die Sicherheitskontrollen werden
immer aufwendiger, immer komplizierter. Die Männer und Frauen vom
Sicherheitspersonal machen ihre Arbeit, doch irgendwie halbherzig. Sie arbeiten die extrem langen Schlangen vor
den Scannern ab. Immer wieder habe ich das ungute Gefühl, ob ich vielleicht
doch meine Bart- oder Nagelschere aus Versehen noch im Handgepäck habe. Oder
gibt es neue Regeln? Der Weg zum Schalter Z 69 in FRA ist lang. Hätte ich einen digitalen Schrittzähler am
Handgelenk, ich käme bestimmt auf 2 km von A nach Z durch ein viel zu großes
Flughafengebäude in Frankfurt. Ist das Gepäck auch rechtzeitig für den
Anschlussflug verladen?
Es ist kein Vergnügen auf funktionierenden oder nicht mehr
funktionierenden Rollbändern zu laufen. Entlang der Shops und Bistros und
Raucherkabinen laufe ich bis zum Check-In Schalter. Dort angekommen warten
bereits die restlichen 499 Passagiere. Und kaum ist der Schalter mit zwei
Lufthansa-Mitarbeitern besetzt, bilden sich die ersten beiden Schlangen: eine
für die Economyklasse und eine für die privilegierte Klasse.
Männer und Frauen, mit Kindern und Rollkoffern, stehen da
als hätten sie keinen festen Sitzplatz zugewiesen bekommen. Sie stehen für 30
Minuten oder länger in der Schlange. Diese löst sich auch in der Gangway, vor
der Einstiegsluke der Maschine, nicht auf.
Im Flugzeug geht die Drängelei weiter, bis das Handgepäck verstaut ist.
Stress pur!
Ich erinnere mich an ein gepflegtes Essen mit richtigem
Besteck. Heute ist das alles in Plastik
eingeschweißt. Essen und Besteck sind so schlecht wie im Schnellimbiss vor
dem Bahnhof.Ich weiß, ich weiß, was kann ich für 600 € erwarten? Das Frühstück bei Lufthansa ist schlichtweg ungenießbar. Und bevor ich es vergesse: Schlangestehen auch vor den Toiletten im Flieger selbst.
Nach zehn Stunden Flugzeit kommen wir in Johannesburg am frühen Morgen an. Wir sind nicht die einzigen
die mit einem Großraumflieger aus Europa landen. Im Flughafengebäude drängeln
die Menschen vor dem Schalter der Einwanderungsbehörde. Die Streckenführung
durch die Barrieren für mehr als 1000 ankommende Passagiere erinnert mich an
einen Rinderauftrieb. Wenn die Kühe
gegen Zecken und anderes Ungeziefer in ein Desinfektionsbad getaucht werden.
Alles schön der Reihe nach, bis die Kuh endlich springen kann. Die Wartezeit in
dem geführten Stangenlabyrinth kann jeder nutzen, um sein Smartphone
einzuschalten, zu konfigurieren, seinen Abholern vor der Tür
signalisieren, dass man oder frau auf
südafrikanische Boden gelandet ist. Die Wartezeit am Gepäckband für 500 Koffer
und Taschen ist auch etwas länger, bis die Stücke aus der Tiefe oben im Terminal angekommen
sind. Der Zöllner am Ausgang winkt die Massen durch, um noch etwas Positives zu nennen.
Auf dem Rückweg von Johannesburg nach Frankfurt das gleiche
nur in umgekehrter Reihenfolge. Nur, dass die 500 Passagiere im Warteraum auf
dem Fußbodenteppich sitzen, weil nicht genügend Sitzgelegenheiten vorhanden
sind. Der gleiche Stress bis zur Landung
in Frankfurt.
Das also nennen wir Fortschritt? Wenn jeder jederzeit
überall hinfliegen kann. Mit den Preisen der Deutschen Bahn nicht zu
vergleichen. Die Strecke von Berlin nach München (Fahrzeit ca. 7 Stunden)
kostet in der ICE-Bretterklasse (bequemere Sitze) etwa 272 € hin und
zurück. Für eine Strecke von 2x600
Kilometern zahle ich pro Kilometer auf der Schiene 0,22 €. Ist ein Vergleich des ICE-Preises mit dem
LH-Preis für 2x10.000 km von Berlin nach Johannesburg (0,03 €) erlaubt?
Warum tue ich mir das an? Nun, der Preis ist verlockend. Die
Zeitersparnis ebenfalls, obwohl es keine Alternative gibt, weder Bahn noch
Schiff. Ich wollte es einfach ausprobieren. Wenn meine Schwester in die USA
fliegt, um ihre Tochter zu besuchen, berichtet sie mir die gleichen
Unannehmlichkeiten die sie in Kauf nimmt, um ihre Tochter und die Enkelkinder zu
besuchen. Ich erinnere mich an das Buch „Grenzen des Wachstums“. Ich flog damals noch über Alaska nach Tokio oder über Nairobi nach Johannesburg mit Zwischenstopp zum Auftanken. Die Atmosphäre im Flugzeug war locker und entspannt. Wir waren nicht gehetzt, obwohl die Fluglinien auch damals einen Flugplan mit echten Ab- und Ankunftszeiten hatten. Verfolge ich die Nachrichten aus der Branche der Airlines, dann drängt sich mir der Verdacht auf, dass wir die Grenzen des Wachstums erreicht haben. Geiz war geil.
Ich werde meine Fliegerei einschränken. Das war mein letzter Billigflug.
Als Nachtrag noch ein Wort zur Gesundheit, meiner Gesundheit, der eines alten Mannes. Nicht nur die Psyche, das Wohlbefinden, kränkelt unter den Bedingungen, sondern auch die Organe leiden oder können geschädigt werden.
Nach dem Flug leide ich regelmäßig unter Schnupfen, Husten,
Heiserkeit.
Nach meiner OP trage ich selbstverständlich die vom Arzt empfohlenen Stützstrümpfe.
Und, ganz wichtig, die Spritzen zur Blutverdünnung, um einer Embolie vorzubeugen, die durch das stundenlange Sitzen auf engem Raum ausgelöst werden kann. (Auch hier ist die unmittelbare Todeserfahrung aus dem Kreis meiner Liebsten ein ständiger Begleiter.)
Muss ich mir das alles antun?Nach meiner OP trage ich selbstverständlich die vom Arzt empfohlenen Stützstrümpfe.
Und, ganz wichtig, die Spritzen zur Blutverdünnung, um einer Embolie vorzubeugen, die durch das stundenlange Sitzen auf engem Raum ausgelöst werden kann. (Auch hier ist die unmittelbare Todeserfahrung aus dem Kreis meiner Liebsten ein ständiger Begleiter.)
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